Wenn sich Kätzchen putzen, Pferde galoppieren, Wichtel werkeln oder Blumen blühen, steht im Kinderwerk Hamburg Tanzen für die Kleinsten auf dem Kursplan.
Frau Lippold, welches sind die drei wichtigsten Argumente, um kleine Kinder ans Tanzen heranzuführen?
Dass Kinder die Vielfalt an Bewegungsmöglichkeiten und -abläufen erfahren können und sie dadurch unfassbar bereichert werden in der Motorik, in der Koordination und im Selbstvertrauen.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt für mich ist das soziale Miteinander, die Kinder lernen in den Kursen Rücksichtnahme auf die anderen und Problemlösungen bei Konflikten. Es entwickelt sich ein Gruppengefühl durch das gemeinsame miteinander Tanzen.
Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Selbsterfahrung, dass man die innere Welt nach außen bringen kann. Die Sprache als Ausdrucksmittel ist am Anfang des Lebens noch etwas holprig. Die Kinder erfahren durch das Tanzen ein Mittel, um sich selbst auszudrücken ohne Sprache. Das ist wirklich faszinierend: Ich selbst mache noch eine weitere Ausbildung zur Tanztherapeutin und könnte den Kindern den ganzen Tag beim Bewegen zuschauen, weil sie dadurch so viel von sich selbst preisgeben.
Ab wieviel Jahren können Kinder loslegen mit Tänzerischer Früherziehung?
Wir starten momentan ab 3 Jahren. Die Kurse sind fortlaufend, die Kinder können jederzeit einsteigen, in ihrer Altersklasse. Die Kinder wechseln die Kurse mit dem Alter. Nach den Sommerferien und zum neuen Jahr wechseln die Kinder dann ggf. ihren Kurs, wenn sie alt genug für den nächsten sind.
Wie groß sind zum Beispiel die Gruppen und wie lange dauert so eine Stunde für die Kleinsten?
In einer Gruppe sind um die zehn Kinder. Unser Kurskonzept geht 60 Minuten, wir machen altersentsprechend 45 Minuten Tanz und Bewegung, danach nehmen wir uns 15 Minuten für die Entspannung, um wieder in die Ruhe zu kommen: Wir schauen Bücher an, lesen vor, die Kinder können ein Bild malen oder wir machen Rückenmassage. Der Alltag der Kinder ist so schnelllebig, von der wilden Kita in den Tanzkurs, danach schnell zum Einkaufen - da sind 15 Minuten der Ruhe am Ende einer Stunde sehr hilfreich. Ab sechs Jahren tanzen die Kinder übrigens auch wirklich 60 Minuten. Unser Kinderballett beginnt mit vier Jahren, das hat einen motorischen Grund, weil das Becken noch nicht richtig aufgerichtet ist für die Auswärtsbewegung. Die Tanzkurse für die Dreijährigen sind natürlich eine prima Vorstufe fürs Kinderballett später. Im Kinderballett wird natürlich auch mit viel Fantasie unterrichtet, die Ballettübungen werden in Geschichten verpackt und enthalten kreative und spielerische Elemente. Ich finde es wichtig, dass Kinder erst mal auf ihren Füßen das Gleichgewicht halten können, erst mit sechs Jahren gehen die Kinder bei uns an die Stange.
Beim Kreativen Kindertanz können die Kinder die Bewegungsideen und -bilder so imitieren, wie sie es umsetzen können z.B. galoppierende Pferde. Die Wichtel können dann so oder so getanzt werden, da gibt es kein Falsch. Es ist wirklich ein beeindruckendes Kursformat, das neben den körperlichen Aspekten wie Koordination und Beweglichkeit Fantasie und Einfühlungsvermögen und auch das Selbstbewusstsein der Kinder stärkt. Beim Kinderballett werden schon eher vorgegebene Formen gelernt.
Wie entwickeln sich Kinder durch die Tanzkurse weiter?
Auf jeden Fall gewinnen sie deutlich an Selbstvertrauen, das zeigt sich darin, dass man Gelerntes abrufen kann, um das dann auch anderen Kindern zu zeigen, indem man sich z.B. in die erste Reihe bei der Choreographie stellt oder dem anderen bei der Partnerarbeit hilft oder in einer Aufführung mitmacht. Und dann gibt es natürlich auf der körperlichen Ebene den tänzerischen Fortschritt, wenn man sieht, wie die Kinder Bewegungen verinnerlichen, wie sich Bewegungsabläufe verfeinern, wie sich die Technik und die Haltung verbessern, das ist schon enorm beeindruckend, welche Fortschritte durch eine Stunde in der Woche möglich werden.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit schüchternen oder auch mit körperlich ungeschickteren Kindern? Erleben Sie Verweigerung und was ist dann ratsam?
Die Mehrzahl der Kinder taut recht schnell auf und hat dann Freude an der Bewegung. Manche Kinder schauen anfangs auch erst mal nur zu und wollen aber von sich aus auch wieder in die nächste Kursstunde, um dann ausgelassen mitzumachen. Es gibt aber auch Kinder, für die ist das alles noch zu früh und dann sollte man ihnen auch Zeit geben. Kinder können nur ausgelassen mitmachen, wenn sie sich öffnen. Kinder mit körperlichen Einschränkungen oder mit Down-Syndrom haben wir natürlich auch in den Kursen und das funktioniert auch ganz grandios. Es ist super-schön zu sehen, wie die Kinder aufgenommen werden von der Gruppe und wie sie sich dann durchs Tanzen weiterentwickeln. Und überhaupt: Wenn ein Kind vom Entwicklungsstand vielleicht etwas zurück liegt, fällt das mir als Tanzpädagogin auf, aber nicht den anderen Kindern. Noch ein Hinweis: Wer sich für Kindertanzpädagogik interessiert, kann bei uns eine Grundausbildung machen, die am 7. Mai startet.
Das Gespräch führte Gaby Friebel.
www.kinderwerk-hamburg.de,
Studios in Eimsbüttel, Hoheluft + Niendorf