Ein Jahr nach dem überraschenden Tod von Christian Berg, der wenige Tage vor der Premiere seines letzten Stücks starb, wird das Hamburger Dschungelbuch wieder aufgeführt.
Auch dieses Mal führt Alexandra Kurzeja (36) wieder Regie, die vergangenen Januar eine Feuertaufe bestehen musste, da sie neben der Regiearbeit auch fünf Rollen zu bewältigen hatte: „Christian hatte mich bereits im Dezember mit der künstlerischen Leitung betraut, da er erkrankt war. Dass er dann aber am 17. Januar 2022 starb, war ein großer Schock. Da wir aber alle wussten, wie sehr er die Aufführung, sie war 2020 Corona-bedingt verschoben worden, herbeigesehnt hatte, mussten wir auf Autopilot schalten und sein Stück aufführen.
Erst nach Spielzeit-Ende Mitte April fingen wir an, zu realisieren, was da passiert war und was wir alle auch geleistet haben.“ Das ganze Jahr lag Freud und Leid nahe beieinander: „Bald kam auch das tolle Angebot des Winterhuder Fährhauses, das Stück „Aschen Puttel“ als künstlerische Nachfolger Christians zu entwickeln.“ Alexandra Kurzeja, die in Hamburg an der Stage School ihren Musicalabschluss machte, kannte Christian Berg über 12 Jahre. Früh entwickelte sich eine besondere Beziehung zwischen den beiden, eine Art „Vater-Tochter-Verhältnis“: „Christian hat immer die Zusammenarbeit mit jungen Künstlern geliebt. Mich hat er schon früh um meine Meinung zu Szenen oder zu Besetzungen gebeten, später, als er anfing mehr selbst zu schreiben, schickte er mir seine Texte zu und räumte mir bald schon Mitspracherechte ein. Er war mein Mentor. Das, was ich bei ihm in den vielen Jahren gelernt habe, setze ich jetzt bei meiner Arbeit natürlich um.
2022 wurde ich ins kalte Wasser geworfen, aber die ganzen Erlebnisse haben mir gezeigt, dass ich es kann. Vorher hatte ich gar nicht den Mut dazu, ich hätte niemals daran gedacht, selbst Stücke zu schreiben oder Regie zu führen.“ Christian Berg, dessen Stücke bei seinem Publikum Kultstatus haben, der sich mit mehr als 30 Familien-Musicals eine treue Fangemeinde erspielte, hätte sicher seine helle Freude gehabt, wie Alexandra Kurzeja diese Aufgabe meisterte: „Es war wirklich eine unglaubliche Erfahrung, dass alle an mich geglaubt haben und dass ich mit Torben und den beiden Musikern der Band RADAU! Aschen Puttel entwickeln konnte. Ich weiß noch, wie nervös ich war und ich die Last der gesamten Verantwortung spürte. Das hatte ich vorher so noch nie, bei Christians Stücken wusste ich immer, das passt, das Publikum wird es lieben. Nun aber zitterte ich auf der Bühne – als das Ganze aber so positiv von Publikum und Kritik aufgenommen wurde, war das für mich schon ein Märchen-Traum.“
Und Ihr Anliegen ein Jahr später? „Torben und ich, wir wollen Christians Arbeit fortführen, zeigen, dass es okay ist, anders zu sein, anders auszusehen, wir wollen natürlich wie er Theater für Kinder auf Augenhöhe machen, aber trotzdem in unseren eigenen Stücken wir selber bleiben, ohne dass wir etwas kopieren oder Christian 1:1 imitieren.“ In diesem Jahr möchte Alexandra Kurzeja Rotkäppchen entwickeln, wieder mit Torben Padanyi zusammen und den Musikern von RADAU!
Doch das ist Zukunftsmusik, jetzt steht erst einmal die Wiederaufnahme vom Hamburger Dschungelbuch an, mit der Botschaft von Christian Berg, dass niemand ausgeschlossen werden sollte, nur weil er eine andere Kultur hat. Mowgli, das Flüchtlingsmädchen, muss sich auf der Flucht vor Shir Khan durch den Großstadtdschungel schlagen. „Christian war es wichtig zu zeigen, dass jede*r ihren/seinen Platz in einer so großen, bunten und vielfältigen Stadt wie Hamburg hat. Ich selbst spiele z.B. unter anderem die Schlange Ka, die in ihrer Aufmachung und Art an Blankenese erinnern soll. Die Affenbande fegt als eine Clique HSV-Fans über die Bühne. Alle sollen sich amüsieren, die Erwachsenen und die Kinder, auch mit den Sprüchen der Möwen. Oder mit der Musik. Mein Lieblingssong ist das Schlusslied: „In Hamburg zu Haus“. Da ich selbst Hamburgerin bin, fühle ich dieses Lied ganz besonders, jedes Mal habe ich eine kleine versteckte Träne in den Augen. Und die Botschaft des Songs, dass jeder in Hamburg zu Hause sein kann, passt so wunderbar!“
Vorstellungen: noch bis zum 10. April 2023
www.firststagehamburg.de
Das Gespräch mit Alexandra Kurzeja führte Gaby Friebel